Deine Arbeiten sind auf den ersten Blick stark visuell, mit Geräuschelementen. Siehst du dich selbst als Klangkünstlerin?
Das stimmt, und ich denke, das kommt durch meinen Hintergrund in der visuellen Kunst und Architektur. Ich habe das Visuelle immer als was vollkommen Stilles, beinah Totes, wahrgenommen. Es ist für mich ein Raum, sei es eine Malerei oder Installation, die der Besucher mit Leben füllt. Also habe ich das Geräusch zuerst als Störenfried gesehen- und mit dem muss man sich dann zwangsweise intensiv auseinander setzen.
Das visuelle Gerüst entsteht also zuerst und du suchst das passende Geräusch dazu?
Nein, so ist es eigentlich selten. Als ich Anfing mit Sound zu arbeiten, war es eher eine Zwangsverbindung, Visuelles und Hörbares mussten eins sein, das Gleiche. Eine Wende war für mich ganz klar ‚The Chapel’, meine erste architektonische raumspezifische Klanginstallation in der das visuelle und das Geräusch klar getrennt sind aber nicht ohne einander funktionieren. Als ich anfing in den Raum zu arbeiten, gefiel mir die Idee dass die Besucher die Arbeiten der anderen Künstler zuerst hören, also installierte ich Mikrofone die die Geräusche/Gespräche der Besucher in der Galerie direkt in die Lautsprecherwand führten. Dies hat natürlich auch mit Offenheit und Geheimnissen zu tun und der Konfrontation der Besucher/Künstler mit der Arbeit. Dafür brauchte ich also einen Raum, der den Besucher in die Position eines heimlichen Lauschers drückt, das Gefühl einer Kapelle oder auch eines Beichtstuhls. Es ist also das erste Mal, dass ich einen Raum für ein Geräusch geschaffen habe und umgekehrt ein Geräusch für einen Raum.
Ist es auch die erste Arbeit in der der Zuschauer aktiv teilnimmt?
Im Grunde denke ich, dass der Zuschauer immer bei jeder Kunst aktiv teilnehmen kann. Aber es ist wohl ein Unterschied, wenn man jemanden dazu zwingt eine bestimmte Position einzunehmen.
Wie hier im Wasserspeicher hast du schon vor einem Jahr angefangen mit Personen zu arbeiten- hat dies mit der aktiven Partizipation zu tun?
Nein, das kommt im Grunde durch meinen Zugang zum Klang. Ich arbeite mit Klang, weil dies für mich nicht greifbar ist, nicht klar erinnerbar und trotzdem unglaublich intim. Es ist unaufhaltbar, weil man gar nicht nicht hinhören kann. Bevor ich mich mit Sound auseinandergesetzt habe, hatte ich immer große Angst, dass meine Arbeiten aufdringlich sind. Das Vertraulichste im Klang-Bereich ist für mich die Stimme weil man selber auch immer Produzent ist. Klang ist eine Möglichkeit für mich Intimität mit meinem unnahbaren Visuellen Prozess zu verbinden.
Als ich letztes Jahr im ländlichen Portugal die Künstlerresidenz gemacht habe wollte ich ursprünglich ein Gebäude für die Geräusche der Landschaft bauen, einen ‚Aural lookout’[2]. Aber nach kurzer Zeit wurde nach wurde mir die Demografie deutlicher und in den Gesprächen mit den wenigen verbliebenden älteren Einwohnern spiegelte deren Einsamkeit die Kargheit und Weite der Landschaft wieder. Die Alten sprachen von den riesigen Festen und Liedern der Vergangenheit, sahen sich nun aufgrund der bergigen Landschaft und ihrer Immobilität fast nie. Sie nahm ihren Gesang getrennt voneinander auf und sie sangen sehr schüchtern da sie sich nicht an einzelne Strophen erinnern konnten. Da sie alle vereinsamt in ihren leeren Dörfern wohnten, kam die Idee sie mit diesem lokalen Volkslied im Aural Lookout zusammen zu bringen, wenn auch nur klanglich. Ich installierte den Aural Lookout auf einem kleinen Wasserspeicherhäuschen der alle Dörfer im Tal überblickte und im Inneren des Speichers installierte ich Lautsprecher. Durch das Wasser im Speicher wurde der Gesang natürlich stark reverberiert und die Besucher hörten das nun einheitliche Lied (weil jeder Alte natürlich andere Passagen wusste, führte dies zum fast kompletten Lied) durch Kopfhörer in dem oben installierten Aussichtsturm hören.
Dann ist die Arbeit im Wasserspeicher dein erstes Projekt mit Live-Performance?
Ja. Ich habe im Rahmen einer Filmproduktion mit einer Opernsängerin gearbeitet und fand dieses Gefühl unglaublich- wenn jemand in einem engen Raum nur für dich singt. Der Wasserspeicher hat mich durch seine fantastische Akustik und Architektur gleich dazu animiert, mit Sängern zu arbeiten. Ich arbeite schon seit einiger Zeit mit der Abstraktion der Stimme, und in dieser Stimm-phase habe ich den alten Mythos von Echo und Narziss für mich wiederentdeckt. Für die acht Opernsängerinnen im Wasserspeicher habe ich das Stück „Echo Echo“ komponiert, ein musikalisches Stück in drei Akten dass sich lose an Echo’s drei Komponenten der Geschichte anlehnt: ihre Plauderzeit, ihr Unvermögen der freien Wortwahl und schließlich ihre verkannten Liebeswiederholungen. Die Stahlplatten führen zur Abstraktion der Stimme und sind die Überreste des Aufwands. Sie fangen erst an selber zu spielen wenn die Performance vorbei ist. Es war wunderbar mit diesen acht Opernsängerinnen zu arbeiten und ich bin Ihnen sehr dankbar denn sie haben diese unbehagliche Intimität, die ich mir so erhofft hatte, mit ihrer Ernsthaftigkeit und ihrem Engagement erst erschaffen.
Die ortspezifische Arbeitsweise zieht sich durch deine ganzen Projekte.
Ich werde stark von einem Ort beeinflusst und inspiriert, aber mit einer Idee beschäftige schon lange vor der Ortswahl. Normalerweise arbeite ich an einem Projekt um dann nur die Essenz herauszufiltern und ein scheinbar neues Projekt auf den bestimmten Ort zuzuschneiden. So war es auch jetzt mit den beiden letzten Projekten. Vor der Ausstellung in Steglitz habe ich mich monatelang mit Objekten beschäftigt, die unendlich langsam ihre Form verändern. Als ich dann längere Zeit in dem Ausstellungsraum verbracht habe, fasste ‚Shadow Rorschach’ plötzlich alles zusammen, womit ich mich lange so umständlich auseinandergesetzt hatte.